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Ach sooo fühlt sich das an!

Seit einer Weile stolpere ich ständig über Situationen die mich eines Besseren belehren. (Beziehungsweise, ich stolpere eben nicht – obwohl ich es erwarte.) Aber überraschend ist es trotzdem.

Ich habe ja eine Vielzahl (!) an Büchern zu Polyamorie, Bindungstheorie und Sexualität gelesen, diverse Podcast gehört, Dok-Filme geschaut und mich mit vielen Menschen ausgetauscht. Doch manche Fragen, so stelle ich zunehmend fest, lassen sich wohl einfach nicht mit dem Kopf beantworten. (Ob deren Ursprung woanders ist?)

So ist es mir lange schwergefallen, zu verstehen, warum mein Partner Mühe hat, in der Beziehung Schwäche zu zeigen und sich verletzlich zu machen. Ist doch halb so wild, dachte ich mir – ich kann ja dann sicher damit umgehen. Bis ich selber an diesem Punkt angekommen bin. Plötzlich verstand ich, wie schwierig es manchmal sein kann, sich sichtbar zu machen. Die Bedrohung, die Verlustangst, die Verletzlichkeit. Das Gefühl ausgeliefert zu sein, der Kontakt mit der eigenen (vermeintlichen) Unzulänglichkeit. Aber auch das Potential zur heilsamen Erfahrung darin. Ist ja wirklich schwierig, habe ich mir gedacht. (Aber natürlich nix gesagt, wollte ja nicht schwach wirken.)

Oder wenn mir meine Freundin erzählt, wie verliebt sie gerade ist. Wie unendlich toll dieser geliebte Mensch sei, dass sie kaum mehr klar denken könne und – wie ich dann finde – auch kaum mehr realistische Einschätzungen machen kann. Die ist halt etwas emotional habe ich mir gedacht – kann mir daher nicht passieren. Und plötzlich finde ich mich in einer Situation wieder, die ich selber nicht beschreiben kann. Die Gefühle wuchern ungebremst, Wirklichkeiten verschieben sich, Gedanken machen sich selbständig. Ist das dieses Gefühl, von dem selbst die grossen Dichter und Künstler immer nur einen Bruchteil abzubilden vermochten? Ist das L-i-e-b-e? Mein Psychologieprofessor sagte mal, dass Verliebtsein punkto Realitätsverlust frappante Eigenschaften mit einer Psychose hätten. Ich würd’s inzwischen verstehen. Hätte nie gedacht, dass es sich so anfühlt.

Oder wenn mein Partner jemand anders trifft und mir sagt, dass dies seine Zuwendung zu mir nicht schmälert. Ja klar! Würd ich auch sagen um mich zu beruhigen – hab ich gedacht und mich mit Chips und Bier ins Bett verkrochen. Nachdem ich aber selber andere geliebte Menschen in mein Leben gelassen habe, hat sich das komplett verändert. Tatsächlich schmälert es die Liebe nicht. Vielmehr verstärkt es den Kontrast und ich erkenne verstärkt, was ich an meinen Partner so schätze. Ich freue mich jedesmal mehr darauf ihn wieder zu sehen. Ich kehre oft erfüllt, inspiriert und voller Zuversicht zurück in seine liebenden Arme.

Dasselbe gilt für Momente, in denen mein Partner keine Lust auf Nähe hat – ist gar kein Weltuntergang, ist mir auch schon passiert. Oder wenn er Grenzen zieht – mach ich ja manchmal auch. Oder wenn er mal nicht gerade antwortet auf ein Liebeszeichen per WhatsApp. Kenn ich – bin ja manchmal auch beschäftigt. Der soll mir doch einfach vertrauen, dass ich ihn mag. Und ich versuch’s dafür auch, weil ich weiss wie sich seine Seite anfühlt.

Diese wechselseitigen Erfahrungen haben mich mehr gelehrt als alle Bücher, Podcasts und Filme zusammen. Sie haben mir eine realistische Referenz gegeben, was mein Gegenüber in diesem Moment gerade fühlt. Klar kann ich immer noch falsch liegen. Aber dann muss ich halt nachfragen. Und wie sich inzwischen herausgestellt hat, fühlen wir öfters ähnlich. Hätt‘ ich nicht gedacht.

Eifersucht, Erfahrungsberichte, Kommunikation


Yanna

Hat noch keinen Beschrieb zu ihrer Person. Sie möchte das auch so belassen.