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Emotionaler Blindflug

Ich wurde nicht in einer polyamoren Beziehungsform sozialisiert. Das bedeutet, ein Grossteil meiner konditionierten Denk-, Fühl- und Handlungsmuster unterstützen meine aktuelle Lebensweise nicht. Im Gegenteil, sie laufen relativ oft in eine entgegengesetzte Richtung. Das lässt sich ja meinetwegen, in einem entspannten Zustand, einfach mal so kognitiv feststellen. «Musst halt bisschen auf deine Muster achten, wird schon werden» denk ich mir dann. Bis sich meine Gefühle einschalten..

Konditionierung ist in gewissem Sinne eine Gewöhnung. Ich lerne dass auf A, B folgt, danach kommt meistens C und mit D geht es weiter. Das vereinfacht das alltägliche Leben, weil es Prognosen ermöglicht: Wenn mein Partner seine Liebe zu mir ausdrückt fühle ich mich gut, sicher und vermutlich wird das auch Morgen noch so sein. Alles klar soweit, das habe ich ja so gelernt. Wenn mein Partner mir mitteilt, dass er kürzlich ein Date hatte und die Person wiedersehen möchte, wird er mich verlassen und ich werde sehr alleine und traurig sein. Habe ich schliesslich auch gelernt, ist nun aber nicht mehr so hilfreich.

Und wenn mir mein Partner dann sagt, dass seine Zuwendung zu mir deswegen nicht abnimmt, dann bin ich echt herausgefordert das zu glauben. Denn ich kann ja nicht in die Zukunft sehen und statt abzuwarten ist mein Inneres bereits dabei seine Sachen zu packen um das traurige Finale nicht mitansehen zu müssen. (Und das ist ein weiteres Problem, denn damit inszeniere ich bereits meinen Teil der Konditionierung und mein Partner muss nur noch einen falschen Schritt machen und ich fühle mich bestätigt.)

Ich lerne also entgegen meiner Konditionierung zu handeln. Das ist schwierig, denn es verunsichert mich stark. Ich tappe regelrecht im Dunkeln und muss der Stimme meines Partners folgen um mich zu orientieren, denn meine Gefühle ziehen mich in eine ganz andere Richtung. Ich bin gefordert zu lernen, zu fragen, zu prüfen und mich auf einen Weg zu machen den ich nicht verinnerlicht habe.

Und wenn ich dann wieder bei meinem Partner im Arm liege und mir eingestehen muss, dass meine Prognose tatsächlich falsch war, dass seine Zuwendung nicht weniger wurde, dass ich mich immer noch geliebt und sicher fühle – dann merke ich wie es sich gelohnt hat durchzuhalten. Und dann nehm‘ ich diese Erfahrung und lege sie liebevoll über meine Muster. «Die Zeiten haben sich geändert, lass uns umlernen» sag ich mir dann «lass uns neugierig sein».

Erfahrungsberichte, Kommunikation


Yanna

Hat noch keinen Beschrieb zu ihrer Person. Sie möchte das auch so belassen.