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Her mit dem guten Leben

Als ich damals in die konsensuelle nicht-monogame gestartet bin, hat sich eine Welt aufgetan. Einige zuvor eher trockene Bereiche in meinem Leben wurden regelrecht geflutet mit Erfahrungen und Möglichkeiten. Intime Gespräche mit verschiedensten Menschen, Berührungen und Begegnungen aller Art, sexuelle Erfahrungen und das Gefühl von schierer Freiheit und Selbstbestimmung. Ich hatte mich schon lange nicht mehr so l-e-b-e-n-d-i-g gefühlt und konnte mir nicht vorstellen, jemals genug davon zu kriegen. Inzwischen sind ein paar Jahre vergangen und die anfängliche Flut hat sich ein wenig beruhigt. Meine damals noch ungebrochene Lust und Neugierde, nach neuen Menschen, weicht öfters mal für einen gemütlichen Abend mit meinem Hund auf der Couch.

Diese Beruhigung war nicht ganz einfach für mich. Mein Wandel hin zur nicht-Monogamie hat mich viel gekostet (und damit ist nicht nur mein Therapeut gemeint). Ich habe mich mit vielen persönlichen Krisen auseinander setzen müssen. Während sich mein soziales Umfeld verändert hat, haben sich manche mir liebe Menschen von mir distanziert. Ich habe gezweifelt, gehadert, gerungen und getrauert. Und wofür denn? Um mit meinem Hund auf der Couch zu liegen (no offense Paco).

Einen Teil versteh ich inzwischen. Die Magie des Unbekannten führt unweigerlich dazu, dass ich meine Träume und Wünsche in diese Lücke projiziere. Irgendwo muss das gute Leben ja schliesslich sein, nicht? Dann kann es ja nur dort sein wo ich noch nicht geschaut habe. Und tatsächlich, ein Teil hat sich bewahrheitet. Ich bin heute zufriedener mit mir und ich möchte nicht zurück. Aber genauso wie man sich beim Reisen immer auch selber miteinpackt – bringe ich mich selber in jede neue Begegnung wieder mit. Und da sind manche Begrenzungen und Schwierigkeiten bereits auch wieder mit dabei.

Also: Freundlich und ehrlich mit sich selber bleiben. Dankbar sein für alles was gekommen, gegangen oder eben geblieben ist.


Barry

Sucht fortlaufend herausfordernde bereichernde Erfahrungen, die den eigenen Horizont erweitern. Ist sich ziemlich sicher, dass Normen nur Erklärungshilfen und keine Gebrauchsanweisungen sind. Mag starken Kaffee in der Morgensonne, aufrichtige Menschen, schlaue Hörbücher, guten Sex und wie der Wind über grasige Landschaften zieht.